Bereits der Umgang mit den Anfragen bzw. deren Bearbeitung stellen für Netzbetreiber Herausforderungen dar. Das Ignorieren der Netzanschlussanfragen ist langfristig jedoch keine zielführende Option. Gemäß § 17 Abs. 2a EnWG besteht für Energiespeicheranlagen kein unverzüglicher Netzanschlussvorrang, sodass diese im Wettbewerb um knappe Netzkapazitäten vor allem gegenüber EE-Anlagen häufig das Nachsehen haben. Allgemeine Vorgaben hinsichtlich der Reservierung von Netzkapazitäten für Batteriespeicher fehlen. Auf Fragen wie „In welcher Reihenfolge sind die Anschlussanfragen zu berücksichtigen?“, „Welche Bedingungen an die Planungsreife von Projekten müssen für eine Reservierung erfüllt sein?“ oder „Für welchen Zeitraum ist eine Reservierung möglich?“ müssen die Netzbetreiber individuelle Antworten finden. Nur wenige Verteilnetzbetreiber haben dazu in Vorreiterrolle bereits Konzepte veröffentlicht.
Die System- und Netzintegration von Großbatteriespeichern ist aufgrund ihrer Flexibilität zum Ausgleich von dargebotsabhängiger EE-Erzeugung und volatilem Stromverbrauch ein wichtiger Baustein der Energiewende. Der Betrieb von Speichern, resultierend aus der Vermarktung an den Regelleistungs- und Spotmärkten (Day-Ahead und Intraday), kann durch deren Marktpreissignale global als systemdienlich eingestuft werden. Allerdings berücksichtigen diese Preissignale nicht die Belastung der Netze als Folge der lokalen Einspeise- und Verbrauchssituation, sodass Großbatteriespeicher nicht zwingend als netzdienlich gelten. Stattdessen wird bei einer herkömmlichen Netzanschlussanfrage in der konservativen Netzplanung sogar gemäß dem „Worst-Case Grundsatz“ ein netzwirksamer Betrieb unterstellt und damit zu jedem Zeitpunkt die maximale Ein- sowie Ausspeiseleistung angesetzt.
Durch bilaterale Vereinbarungen zwischen Netz- und Speicherbetreiber ist es jedoch möglich, einen netzneutralen oder sogar netzdienlichen Betrieb zu vereinbaren:
Beim netzneutralen Betrieb werden durch zu definierende statische oder dynamische Einschränkungen für die Ein- und Ausspeicherung auslegungsrelevante Netzbelastungen und folglich zusätzliche Netzengpässe/-ausbaubedarfe vermieden. §17 Abs. 2b EnWG gibt die Anforderungen an die Ausgestaltung dieser flexiblen Netzanschlussvereinbarungen vor. Der Speicherbetreiber profitiert im Gegenzug für die Einschränkungen von einem (beschleunigten) Netzanschluss. Auch Vergünstigungen bei den Baukostenzuschüssen werden derzeit von Netzbetreibern angeboten.
Beim netzdienlichen Betrieb reduziert der Speicher Netzengpässe sogar aktiv und kompensiert durch seine Fahrweise den Netzausbaubedarf. Solch ein Konzept wird möglich durch die Ausschreibung netzdienlicher Speicherdienstleistungen gemäß §11 a EnWG, für die der Speicherbetreiber vergütet wird. In Zeiten, in denen der Netzbetreiber keine Speicherdienstleistungen abruft, kann der Speicherbetreiber die reservierten Kapazitäten selbst gewinnbringend vermarkten.
Die Ausgestaltung von Reservierungskonzepten und bilateralen Vereinbarungen zwischen Netz- und Speicherbetreiber zu netzneutralen bzw. netzdienlichen Fahrweisen sind komplex, da rechtliche, technische und wirtschaftliche Aspekte zu berücksichtigen sind und das Vorgehen in Abstimmung mit der Regulierungsbehörde erfolgen sollte. Netzbetreiber müssen analysieren, welche statischen bzw. dynamischen Einschränkungen auslegungsrelevante Netzbelastungen neutralisieren bzw. welche technischen Eckdaten (u.a. Standort, Leistung, Kapazität, Höhe des Dienstleistungsentgeltes) Grundlage für ein ebenso zu definierendes Verfahren bei der Ausschreibung netzdienlicher Speicherdienstleistungen sein sollen. Speicherbetreiber sollten dagegen bewerten, wie sich Einschränkungen in der Fahrweise und ggf. ein beschleunigter Netzanschluss vor dem Hintergrund möglicher Kannibalisierungseffekte auf dem Markt auf die Erlöspotenziale und damit die Wirtschaftlichkeit der Batteriespeicherprojekte auswirken. BET unterstützt mit Erfahrungen im Speichermarkt und mit Simulationsmodellen sowohl Netz- als auch Speicherbetreiber in diesen Prozessen und ist jederzeit an einem Erfahrungsaustausch interessiert.
Sprechen Sie uns an!
Dr. Lukas Löhr
Leiter Kompetenzteam Energiemarktmodelle & Preisprognosen
E-Mail
Tamara Preuß
Manager
E-Mail