Digitalisierung | 25.03.2025 Steuern im Smart Grid – eine Gemeinschaftsaufgabe von Messstellen-, Netz- und Anlagenbetreiber Autoren: Dr. Bärbel Wicha-Krause | Luca Zeichner

 

Seit dem 25.02.2025 ist es amtlich: Erzeugungsanlagen ab 7 kW müssen als Gemeinschaftsleistung von Messtellen-, Netz- und Anlagen-Betreibern steuerbar sein. Die EnWG-Novelle schreibt diese Anforderung für alle drei Marktpartner verbindlich fest – sie sitzen damit sprichwörtlich „in einem Boot“. Die Steuerbarkeit muss nicht nur zur Inbetriebnahme einmalig funktionieren, sondern jedes Jahr in einem Test nachgewiesen werden, andernfalls drohen Sanktionen. Die Übertragungsnetzbetreiber werden in Kürze den genauen Ablauf dieser Tests definieren. Zwar gelten Übergangsregeln, doch im Zielbild ist klar: Die Steuerbarkeit soll über ein Intelligentes Messsystem (iMSys) und eine Steuerbox erfolgen. Doch was bedeutet diese neue Anforderung konkret für jede der drei beteiligten Parteien?

 

Die Steuerung von Verbrauchs- und Erzeugungsanlagen sowie die regelmäßigen Tests der Erzeugungssteuerung erfordern ein gemeinsames Vorgehen von drei Akteuren:

Der Messstellenbetreiber ist im Zielbild allein verantwortlich für die sichere Kommunikation und die  technische Installation der  Steuerung. Der Netzbetreiber initiiert die Steuerung begründet, prüft deren Wirkung und dokumentiert sie. Der Anlagenbetreiber wiederum muss sicherstellen, dass seine Anlage nachhaltig steuerbar bleibt.  

1. Was bedeutet die Steuerbarkeit für den Messtellenbetreiber?


Messstellenbetreiber müssen Steuerboxen beschaffen, einbauen, und betreiben. Dabei gilt: Bei Pflichteinbaufällen „zählt“ der Einbau erst dann zur Quote, wenn die Steuertechnik vorhanden ist. Falls noch nicht geschehen, muss der Messstellenbetreiber - analog zur Gateway-Administration - auch die Fähigkeit des Steuerungsadministrators aufbauen. Dies bedeutet, dass er die verbauten Steuerboxen administrieren, Bestellungen für Steuerbefehle annehmen und bei Bedarf einen CLS-Kanal zur Steuerbox aufbauen muss. Kann der grundzuständige Messstellenbetreiber die geforderte Steuerbarkeit nicht gewährleisten, droht ihm der Entzug der „Grundzuständigkeit“.

2. Was bedeutet die Steuerbarkeit für den Netzbetreiber?


Der Netzbetreiber muss künftig jederzeit die Ist-Einspeisung der Anlage abrufen können – die bisherige Methode der Referenzanlagen-Messung gehört damit der Vergangenheit an. Er muss die notwendigen Datenstrukturen und IT-Systeme implementieren, um Messungen zu erfassen, auszuwerten und Steuererfordernisse zu ermitteln. Zusätzlich muss er Schnittstellen zum Messstellenbetreiber einrichten, um Steuersignale über die standardisierte BDEW-Web-Programmierschnittstelle zu senden. Kann der Netzbetreiber diese Fähigkeiten nicht nachweisen, droht ihm der Entzug der Erlaubnis zur Betriebsführung in Bezug auf die Fernsteuerung.

3. Was bedeutet die Steuerbarkeit für den Anlagenbetreiber?


Der Anlagenbetreiber muss die technischen Voraussetzungen schaffen, dass die Anlage über das iMSys angesteuert werden kann und auf den Steuerbefehl reagiert. Erfüllt er diese Anforderung nicht, droht die Trennung der Anlage vom Netz. Alternativ kann der Anlagenbetreiber die Einspeisung ins Netz selbst technisch unterbinden und muss dies gegenüber dem Netzbetreiber entsprechend dokumentieren.

4. … und dann noch eine Kleinigkeit


Spätestens ab Anfang 2026, wenn auch Anlagen < 100kW der Testpflicht unterliegen, muss der gesamte Prozess der Steuerung massentauglich und automatisiert ablaufen.

Das umfasst:

  • die Messung der Ist-Einspeisung durch den Messstellenbetreiber (MSB)
  • die Ermittlung des Steuerungsbedarfs und die Generierung des Steuerbefehls durch den Netzbetreiber (NB)
  • die Priorisierung und Weiterleitung durch den CLS-Kanal (MSB)
  • die Übergabe an die Steuerbox und von dort - idealerweise per digitaler Schnittstelle -
  • direkt an die Anlage (Anlagenbetreiber)
  • sowie die Dokumentation der Steuermaßnahme durch den Netzbetreiber (NB)

Fazit 


Verteilnetzbetreiber, Messstellenbetreiber und Anlagenbetreiber müssen sich mit den neuen Vorgaben beschäftigen. Und das heißt im Wesentlichen mit der neuen Technik, neuen und erweiterten IT-Systemen, zusätzlichen Daten sowie neuen Prozessen. Denn nur wenn alle Beteiligten ihre Hausaufgaben machen, wird die Ende-zu-Ende-Steuerung funktionieren – und nur dann gelingt die Energiewende. Denn sie bleibt vor allem eines: eine Gemeinschaftsaufgabe.

Sie sind betroffen oder haben Fragen? Gerne unterstützen wir Sie dabei, Ihre Prozesse zukunftssicher aufzustellen. Sprechen Sie uns an!

Dr. Bärbel Wicha-Krause
Senior Manager
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Luca Zeichner
Consultant
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